Kolumne aus Die ZEIT vom 30.01.2020 von Petra Pinzler-Teil 1 von 3
Wer glaubt, dass sich die gesellschaftlichen Großkonflikte um die Klimapolitik so abräumen lassen, wie die große Koalition das derzeit tut, der hat immer noch nicht begriffen. Und der übersieht, welchen ungemein dämlichen Fehler Angela Merkel, Peter Altmaier, Svenja Schulze, Olaf Scholz und der Rest der Groko-Regierung da gerade gemacht haben. Ein Fehler, der sich gleich in dreifacher Hinsicht rächen wird: politisch, ökonomisch und taktisch.
Politisch: Für den Ausstieg Deutschlands aus der Kohleverstromung gab es einen Plan. Der ist im internationalen Vergleich weder besonders mutig noch besonders schnell. Aber den hatten immerhin alle möglichen Gruppen unterschrieben, die Gewerkschaften, die Industrie und die Umweltverbände. Es gab also einen großen Konsens, es schien, als ob Deutschland bei diesem Thema seine Stärke spielen lassen und ein großes Konfliktthema erfolgreich befrieden würde.
Doch mit dem Gesetz, das das Kabinett nun verabschiedet hat, kündigten CDU, CSU und SPD genau diesen Konsens. Sie wichen in entscheidenden Punkten vom Vorschlag der Kommission ab. Nun wird der CO2-Ausstoß, der durch die Verbrennung von Kohle entsteht, viel langsamer und später reduziert. Nach dem Plan der Regierung müssen im energiehungrigen Süden besonders viele Kraftwerke früh abgeschaltet werden, damit die dreckigen Braunkohlekraftwerke im Westen und Osten noch weiterlaufen können.
Die Groko hat damit eine Riesenchance verpasst. Sie schafft genau nicht die Planungssicherheit, die sie den Unternehmen und den Menschen in den Kohleregionen versprochen hat. Und sie zeigt sich schlicht stillos, wenn sie nun still und leise versucht, den politischen Spielraum der nächsten Regierung auch noch unlauter dadurch zu reduzieren, dass sie deren Nachjustieren (beispielsweise durch öffentlich-rechtliche Verträge mit den Unternehmen) zu verhindern versucht. So wird beispielsweise darüber nachgedacht, den Betrieb des umstrittenen Tagebaus bei Garzweiler energierechtlich möglichst fest und lange zu verankern. (RS)